Haushaltsrede der Grünen Liste 2024

Wenig Klimaschutz – hohe Personalkosten – hohe Kreditaufnahme

Haushaltsrede Grüne Liste
Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Mitmenschen von Bad Schönborn,

Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung

Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderatsgremiums,

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Huge,

nach Corona und dem russischen Überfall auf die Ukraine haben viele auf eine Beruhigung gehofft. Leider leben wir aber nach wie vor in unruhigen und beunruhigenden Zeiten – viele Ereignisse in der gesamten Welt haben unmittelbare Auswirkungen auf uns. Der Terrorüberfall der Hamas und der daraus resultierende Einmarsch Israels in den Gaza-Streifen, die Angriffe der Huthi Rebellen auf Handelsschiffe und die Spannungen um Süd-Korea und Taiwan sind weitere globale Probleme, die im Jahr 2023 dazugekommen sind. Dass der Ukraine-Krieg in ein drittes Jahr geht, hätte zu Beginn auch keiner gedacht – umso wichtiger ist es aber der Aggression Putins weiter entschlossen gegenüberzutreten und den Geflüchteten auch weiterhin zu helfen.

Entschlossen haben wir mit dem Land und dem Bund die Energiekrise gemeistert und den sozialen Zusammenhalt gewahrt. Umso wichtiger ist es, dem verstärkten Aufkommen von undemokratischen Strömungen in Deutschland auch im Jahr 2024 entschlossen entgegenzutreten – dies gilt in Bund, Land und erst recht auch in den Kommunen.

Dass Politiker angefeindet werden, so zum Beispiel am Verlassen einer Fähre gehindert werden, dass Politiker bei Reden niedergebrüllt werden, wie von den Bauern in Berlin, dass der politische Mitstreiter als „krank“ bezeichnet wird, wie von Herrn Aiwanger von den Freien Wählern, der immerhin der stellvertretende Ministerpräsident Bayerns ist, sind eine gefährliche Entwicklung, die so nicht mehr hinnehmbar ist.

Um dem entgegenzuwirken, ist Transparenz für die Bürger sehr wichtig. Die Aufstellung des Haushalts gibt dem Bürger dabei in Teilen eine Transparenz in die zukünftigen Projekte und Entwicklungen der Gemeinde und ist somit ein wichtiger Aspekt im Gemeindeleben.

Der Dank der Grünen Liste gilt wie immer zunächst allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung von Bad Schönborn, die sich den täglichen Herausforderungen stellen und sich um das Wohl der Gemeinde kümmern und somit auch um die Umsetzung der im Haushalt geplanten Maßnahmen und Investitionen. Unser weiterer Dank gilt dem Team von Frau Peno, die diesen Haushalt akribisch aufgestellt haben.

Bevor wir auf den Haushalt 2024 blicken, vielleicht ein kleiner Blick zurück: Trotz nicht unerheblicher Steigerungen bei den Personalausgaben wurden bei weitem nicht alle Ziele für 2023 erreicht. Dass von den gesamten geplanten Investitionen nur 20-30 Prozent umgesetzt werden konnte, ist nicht gut und muss im Jahr 2024 dringend anders werden – die frühzeitige Verabschiedung des Haushalts ist dabei ein erster Schritt.

Für den Klima- und Umweltschutz wurde mit dem Förderprogramm für die Photovoltaik ein Rekordausbau im Jahr 2023 in Bad Schönborn erreicht – leider wird es im Jahr 2024 kein Förderprogramm in Bad Schönborn für Photovoltaik oder Entsiegelung oder anderem geben, obwohl wir dieses in den Beratungen vorgeschlagen hatten. Insgesamt wurde der Klima- und Umweltschutz und die damit verbundenen Themen gefühlt langsam vorangebracht, sei es bei den Nahwärmenetzen, aber auch bei vielen kleineren Themen. Insgesamt fehlte häufiger der Wille im Gemeinderat und bei der Verwaltung Gelder für diese Themen in die Hand zu nehmen.

Wenden wir uns nun dem aktuellen Haushalt für das Jahr 2024 zu.

Vorab: Leider werden wir im Jahr 2024 massive Schulden machen. Es ist eine Kreditaufnahme von 6 Millionen Euro vorgesehen. Der Rückgriff auf die Rücklagen reicht nicht aus und die Verpflichtungserklärungen von 6,64 Millionen für die Folgejahre werden sogar dazu führen, dass wir in absehbarer Zukunft noch mehr Schulden machen werden müssen. Damit steigt die Pro-Kopf-Verschuldung in Bad Schönborn wieder massiv an – leider lässt sich der Haushalt aber nicht anders realisieren.

Umso wichtiger ist es als Gemeinderat bei unserem zukünftigen Tun und Handeln dies stets im Hinterkopf zu behalten. Nichtsdestotrotz gilt es unseren Ort weiterhin fit für die Zukunft zu machen und die notwendigen Investitionen zu tätigen.

Wir müssen für ein gesundes und stetiges Wachstum unseres Ortes sorgen, wie uns vor kurzem von einer Agentur vor Augen geführt wurde. Nur ein stetiges Wachstum von Einwohnern führt dazu, unseren Ort so zu erhalten, wie er aktuell dasteht. Dies kann sowohl durch eine verstärkte Innenverdichtung als auch durch ein großes Neubaugebiet wie Langenbrücken-West erreicht werden. Welchen Weg wir hier gehen, wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zeigen. Egal wo wir in Zukunft bauen, es sollten stets die Richtlinien der aktuellen klimaneutralen Bauleitplanung und die aktuellen Möglichkeiten für Umweltschutz, Klimaschutz, Energieerzeugung etc. in vollem Umfang berücksichtigt werden. Gleichzeitig gilt es auch den Flächenbedarf im Auge zu behalten, denn dies wird in Zukunft noch eine viel größere Rolle spielen.

Der Haushalt 2024 umfasst insgesamt Posten von 605.000 Euro, die laut Verwaltung Klimaschutzprojekten zugeordnet werden. Dies ist ein Rückgang von über 30% gegenüber dem Vorjahr und eine Tendenz in die falsche Richtung. Dazu gehören 100.000 Euro für den Austausch von LED-Lampen und 375.000 Euro für Radwege und Radwegebrücken, die eher indirekte Klimaschutzmaßnahmen sind. Für neue Klimaschutzprojekte bleiben nur 110.000 Euro und 20.000 für die Fernwärmeplanung.

Dies ist zu wenig. Anträge auf Erhöhung des Topfes für Klimaschutzprojekte, ein Förderprogramm zur Entsiegelung von Flächen in Bad Schönborn nach dem Vorbild vieler Gemeinden, Bereitstellung von Geldern zur Sanierung des kleinen Baches wurden im Gemeinderat von allen Fraktionen außer der SPD abgelehnt.

Aufgrund der finanziellen Situation der Gemeinde, sind die großen Investitionen der kommenden Jahre noch sorgfältiger zu planen als sonst.

Der Neubau des Kindergarten Sankt Maria in Langenbrücken schlägt dabei allein mit 4 Millionen zu Buche. Leider mussten wir aus den bekannten Gründen hierfür einen Ausweichkindergarten in Containerbauweise errichten. Wir hoffen zum einen, dass die anderen Fraktionen sich zukünftig zu nachhaltigeren Lösungen überzeugen lassen und plädieren für eine möglichst intensive Nutzung der Container in den kommenden Jahren, um die unnötigen Kosten etwas zu relativieren.

Ein weiterer größerer Kostenpunkt mit 2 Millionen Euro im Jahr 2024 ist die Fortführung der Sanierung der Schönbornhalle. Leider wurden die Maßnahmen erst nach den Ferien letzten Jahres begonnen, dazu noch unsachgemäß, was zu massiven Wasserschäden und Einschränkungen im Betrieb führte. Dies wäre bei einem Neubau einer Halle beides kein Thema gewesen. Wir hoffen, dass man am Ende der Sanierung tatsächlich günstiger wegkommt, als es mit einem Neubau gewesen wäre.

Die finale Rate für den Anbau der Michael-Ende Schule (0,8 Millionen) und die nächste Rate für die Sanierung der Realschule und die Rate für die Moneschule stärken unseren Schulstandort für die Zukunft.

Das Sanierungsgebiet um das Rathaus Langenbrücken mit dem Beginn der Sanierung des Rathauses, die verschiedenen Kanalerneuerungen und Regenwasserbehandlungsmaßnahmen sind weitere größere Kostenpunkte

Verschiedene Brückenbauten (Am Mühlgarten, Radwege Brücke „Kleine Bach“) schlagen mit mehr als einer Million Euro zu Buche.

Wir sind froh, dass wieder mehr in Radwege investiert wird, dass unsere Feuerwehr mit den notwendigen Gerätschaften und Fahrzeugen ausgestattet wird und auch viele kleine Anschaffungen und Baumaßnahmen für Kindergärten, Bauhof, Gärtnerei, Hochwasserschutz, Kanalsanierung und vieles mehr im Haushalt berücksichtigt werden konnten.

Den allein im letzten Jahr um 16,65 Prozent oder um 1.36 Millionen auf 9.52 Millionen gestiegenen Personalkosten stehen keine entsprechenden Einnahmesteigerungen entgegen. Bei einer Steigerung von 56% bei den Personalkosten von 2017 bis heute muss man sich tatsächlich fragen, wo das in Zukunft hinführen soll.  

Auf der Einnahmenseite sollte man nochmals die Gewerbesteuereinnahmen erwähnen, die sich nur sehr langsam verbessern und wir auch zukünftig eine gewerbesteuerschwache Gemeinde bleiben werden. Die Entwicklung des Gewerbegebietes „Im Sand“ ist sehr enttäuschend. Von 20 Grundstücken wurden nur 3 dauerhaft mit größeren Investitionen bebaut. Das Autohaus ist bereits wieder weg, wir haben einige als offene Lagerfläche genutzte Grundstücke und eine Sortieranlage für Bodenaushub. Bevor wir hier weitere zu bebauende Flächen für Gewerbegebiete ausweisen, sollten wir hier unsere Hausaufgaben machen.

Mit Klimawandel, Kriegen, Migration, KI und vielen weiteren Themen kommt auf uns Bürgerinnen und Bürger ein stetiger Strom von Veränderungen zu – irgendwie viel zu viel und viel zu schnell. Wir sind mittlerweile etwas lost in dieser Transformation. Diese Blockade, die einem in Teilen die Kraft nimmt an die Zukunft zu glauben gilt es auf allen Ebenen zu durchbrechen. Hierzu können auch wir auf der kommunalen Ebene einen Beitrag leisten.

Deswegen ist es umso wichtiger Veränderungen transparent durchzuführen und die Digitalisierung voranzutreiben, um echte Mehrwerte für die Bewohner Bad Schönborns zu erhalten. Dabei gilt es gleichzeitig alles dafür zu tun die Überbürokratisierung einzudämmen.

Ich habe letztes Jahr ein afrikanisches Sprichwort zitiert, das folgendes besagt: „Wenn an vielen kleinen Orten viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun, wird sich das Angesicht unserer Erde verändern.“ Dies gilt heutzutage mehr denn je. Wenn wir die kleinen Veränderungen vor Ort nicht angehen bzw. durchführen, weil wir denken wir sind zu klein, als dass es einen Nutzen hätte und wenn jeder so denkt, dann stagnieren wir und machen Rückschritte.

Dieser Haushalt enthält viele Posten, die wir aufgrund von Pflichtaufgaben abdecken müssen oder es einfach dringend gemacht werden muss – sei es wegen gesetzlicher Vorgaben bzw. Pflichtaufgaben (Neubau Kindergarten, Brandschutz, Bushaltestellen, Regenwasserkanäle) oder weil etwas saniert werden muss (Schönbornhalle, Rathaus Langenbrücken, Moneschule, Brücken).

Die Kür kommt leider viel zu kurz, da dafür kaum Gelder zu Verfügung stehen.

Uns sollte aber viel bewusster werden, dass Investitionen in den Klima- und Umweltschutz keine Kür sind, sondern Pflichtaufgaben. Jeder in den Klimaschutz investierte Euro verringert die volkswirtschaftlichen Kosten und somit auch die Kosten der Gemeinde, die durch Extremwetterereignisse künftig entstehen können und machen unser Bad Schönborn nachhaltiger, kühler, weniger hitzeanfällig und regenerativer bei den eingesetzten Energien, um nur einiges zu nennen.

Es ist in unser aller Hand unser Bad Schönborn als einen auch in Zukunft attraktiven, grünen und zukunftsfähigen Ort zu gestalten.

Dieser Haushalt ist in vielen Punkten solide erstellt. Leider fehlt wie bereits angesprochen ein höheres finanzielles Engagement in den Klima- und Umweltschutz, der uns allen zugutekommen würde.

Wir werden dem Haushalt daher trotz seiner angesprochenen Schwächen zustimmen und hoffen mit dem neuen Gemeinderat im kommenden Haushalt wieder erheblich mehr für den Klima- und Umweltschutz tun zu können.

Dem Haushaltsplan für das Wasserwerk und der Oberbäurischen Waisenstiftung stimmen wir ohne Einschränkungen zu.

Torsten Thal Vorsitzender Fraktion Grüne Liste Bad Schönborn