Leitbild Nachhaltige Siedlungsentwicklung

In der letzten Gemeinderatssitzung in diesem Jahr wurde auch über die Erstellung einer Baulandstudie hinsichtlich der Entwicklungsflächen am südwestlichen Ortsrand von Langenbrücken gesprochen, dem sogenannten „Langenbrücken-West“ .

Um die großen Herausforderungen in der zusätzlichen Entwicklung von größeren Baugebieten in den nächsten Jahren in Bad Schönborn zu bewältigen stellt die Grüne Liste folgenden Antrag:

Antrag

Bad Schönborn beschließt, dass für die zukünftigen zu planenden Neubaugebiete (Langenbrücken-West etc.) ein „Leitbild für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung“ entwickelt wird. Dies wird gemeinsam in einer Klausurtagung entwickelt und fließt vollumfänglich in die Baulandstudie mit ein.

Einer der Kernaspekte ist, dass Klimaschutzkriterien für Neubaugebiete gemäß § 1und 1a, Absatz 5, BauGB *) angewandt werden, d.h. dass beim Verkauf städtischer Grundstücke erhöhte Energieeffizienzstandards (Kompakte Bauweise, Solarnutzung, Wärmedämmung, Wärmepumpen, Nahwärme, Dach- und Fassadenbegrünung, ausreichende Grünflächen (keine Schottergärten), klimafreundliche Verkehrsanbindung u. ä.) verbindlich eingefordert werden.

Auch dem §1a, Absatz 5 BauGB: „Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch
Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen
“, soll Rechnung getragen werden.

Im Detail umfasst dies zum Beispiel folgende Punkte:

Mobilitätskonzept mit folgenden Elementen:

• Autoreduziertes („Stellplatzfreies“) Wohngebiet

• Quartiersgaragen am Rand

• Wohnstraßen als Lebensräume

• Wohnen ohne eigenes Auto: Entkoppelung von Stellplatz- und Wohnraumkosten

• Attraktive Mobilitätsangebote: (ÖPNV, Car Sharing und vieles mehr.)

• Stadtteil der kurzen Wege

• Grundsätzlicher Vorrang von FußgängerInnen, RadfahrerInnen und allen NutzerInnen

des Öffentlichen Verkehrs gegenüber dem motorisierten Individualverkehr

• aktive Kommunikation und Bewerbung der Alternativen zum motorisierten Individualverkehr im Sinne einer zukunftsweisenden Imagebildung für das neue Quartier

• eine gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz bei gleichzeitigem Ausbau der Rad- und Fußwege, um die Stationen von Bussen, Bahn und U-Bahn auch rasch und ohne Umwege zu erreichen

Energiekonzept unter der Berücksichtigung folgender Aspekte:

• Die Gebäudehüllen sollen optimiert werden, um die Heiz- und Kühllasten zu minimieren.

In diesem Zusammenhang sollen ambitionierte Gebäudestandards bzw. spezifische bauliche Maßnahmen verbindlich vorgegeben werden.

• Minimierung des Energiebedarfs für Anlagen und Geräte in den Gebäuden (z.B. Pumpen, Haushaltsgeräte) durch Vorgabe von Effizienzstandards sowie durch Bewusstseinsbildung

• Optimierung des Beleuchtungsbedarfes durch tageslichtoptimierte Planung insbesondere für die gemeinschaftlich genutzten Räume wie Gänge und Stiegenhäuser.

• Energieeffizienzmaßnahmen sollten auch im öffentlichen Raum vorgesehen werden.

Dies sind z.B. energieeffiziente Beleuchtungssysteme mit effizienten Leuchtkörpern und geeigneten Reflektoren, bedarfsorientierte Beleuchtungsstärke durch Sensoren und Dämmerungsschalter und der Möglichkeit zur Verringerung der Leuchtstärke (Dimmen).

Bereits bei der Planung der Freiflächen sollte auf den Energiebedarf für die laufende Pflege geachtet werden (z. B. Grünflächen). Für die Pflege des öffentlichen Raums sollten energieeffiziente Geräte benutzt werden.

• Analyse der Abwärmequellen (aus Gewerbe, Kühlanlagen, Lüftungsanlagen, dem kommunalen Abwasser, dem Grauwasser im Gebäude) und die Formen der Energierückgewinnung

• Analyse der lokal vorhandenen erneuerbaren Energiequellen (gebäudeintergrierte PV und thermische Solarenergie, tiefe bzw. oberflächennahe Geothermie, kleine urbane Windenergie, Biogas aus Abwässern und Bioabfällen)

• Überprüfung der Machbarkeit (technische, ökologische und ökonomische Aspekte) von thermischen leitungsgebundenen Energieversorgungsinfrastrukturen, die eine zentralisierte Nutzung von erneuerbaren Energieträgern ermöglichen (Bestimmung der Verteilungstemperaturen, Leitungskonzepte…)

• Überprüfung der Machbarkeit (technische, ökologische und ökonomische Aspekte) von Energiesystemen, die aufgrund der Nutzerprofile eine kaskadische Nutzung von Ressourcen ermöglichen

• Etablierung eines Nahwärmenetzes mit eigenem Blockheizkraftwerk

• Für den optimalen Betrieb des Gesamtenergiesystems: Einrichtung von Smart Grids basierend auf Energiemonitoring, um die dezentralen Stromerzeuger effizienter untereinander zu vernetzen sowie die zeitliche Verteilung von Energieerzeugung und Energienachfrage zu optimieren

• Verringerung der „Grauen Energie“ bei der Errichtung der Gebäude und der Infrastruktur: Ein relevanter Teil des Energieverbrauchs von Gebäuden während ihres Lebenszyklus liegt in der Grauen Energie. Durch die bewusste Auswahl von Baumaterialen kann dieser Energiebedarf deutlich gesenkt werden. Besonders energieintensiv ist z. B. die Herstellung von Aluminium, Stahl, Zement und gebrannten Ziegel.

In der Stadtentwicklungspraxis werden meist keine stadtteilbezogenen Energiekonzepte im Rahmen der städtebaulichen Aktivitäten entwickelt. Oft werden, wenn überhaupt Gebäudeenergiestandards vorgegeben und der Bauträger kann dann sein Energieversorgungskonzept selbst wählen, ohne es mit anderen Bauträgern abstimmen zu müssen.

Ressourcenbedarf:

• Energieeffizienzmaßnahmen – sowohl im/am Gebäude als auch im öffentlichen Raum

• Deckung des Energiebedarfs durch erneuerbare Energiequellen

• Nutzung der Ressourcen Regenwasser, Grauwasser und Grundwasser

• Entsiegelung des Bodens

• Maßnahmen zur Müllvermeidung

• Schadstoffarme Baustoffe

Qualitätssicherung:

• Auf Indikatoren gestützte Erfolgskontrolle

• Errichtung eines Stadtteilmanagements, das die Qualitätssicherung in der Nutzungsphase unterstützt

• Erfolgsmonitoring

• Energieverbrauchsmonitoring

Diese Punkte sind nicht vollständig, sondern ein erster Denkanstoß!

Folgende Herausforderungen gilt es zusätzlich zu meistern:

• Gesellschaftliche und technische Veränderungen

Die Stadtentwicklung erstreckt sich über einen langen Zeitraum, daher ändern sich im Laufe des Projektes unter Umständen die gesellschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen – dem muss die Stadtentwicklung Rechnung tragen.

• Koordination der Umsetzungskompetenzen (Vorgaben und Leitlinien durch alle diese Ebenen durchtransportieren)

• Hohe Interdisziplinarität (Raumplanung und Energietechnik, Soziologie und Baulogistik, Energieversorgung und Verkehrsplanung etc.)

• Gleichgewicht zwischen strikten Planungsvorgaben und Planungsfreiheit (Anforderungen versus Anreize)

• Zielkonflikte bewältigen – Potenzielle Zielkonflikte gibt es sowohl durch die beteiligten Disziplinen (wie oben beschrieben), aber auch durch mögliche Vorgaben – ein frühes Erkennen solcher Probleme minimiert die möglichen Konflikte.

Begründung:

Der Gemeinderat hat beschlossen, dass Bad Schönborn die Klimaneutralität zu 2030 erreicht und hat auch beschlossen ein gemeinsames Klimaschutzkonzept zu entwickeln und alle kommunalen Handlungen auf ihre Auswirkungen auf das Klima zu prüfen und entsprechend auszurichten.


Unabhängig von diesem gemeinsamen Klimaschutzkonzept, dass noch nicht vollständig ausformuliert ist, sollte Bad Schönborn schon jetzt eigene Maßnahmen, die in ihrem Kompetenzbereich liegen, ergreifen und umsetzen.

Das Leitbild Nachhaltiges Bauen in Neubaugebieten sollte hierbei in Zukunft einer der Stützpfeiler sein.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Torsten Thal

Fraktionsvorsitzender Grüne Liste Bad Schönborn