„Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert.“

In der Gemeinderatssitzung am 14.03.2023 haben wir unsere Haushaltsrede vorgetragen.

Unsere Haushaltsrede im vollen Wortlaut:

Liebe Mitmenschen von Bad Schönborn,

Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung

Sehr geehrte Frau Gatzke und Frau Peno, sehr geehrter Herr Vogel und Herr Zimmermann,

Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderatsgremiums,

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Huge,

wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass die heutige Haushaltsaussprache erneut überschattet wird durch den schrecklichen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Unsere Gedanken sind daher auch heute bei der ukrainischen Zivilbevölkerung, die mal wieder am stärksten unter den russischen Angriffen leiden muss. An dieser Stelle nochmals ein Dankschön an alle Helferinnen und Helfer im Ort, die bei der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge geholfen haben.

Dieser Krieg überdeckt wie viele andere Dinge einen wichtigen Aspekt: Der Klimawandel ist die „Überlebensfrage der Menschheit“! Wir führen praktisch einen globalen Krieg gegen die Natur und damit gegen uns selbst, denn wir sind ein Teil dieser Natur. Diese Krise hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft.

Wir sollten daher ein viel größeres Augenmerk auf diese Überlebensfrage legen, und zwar gerade auch auf der kommunalen Ebene. Leider passiert dies in einem viel zu geringen Umfang – denn eines ist klar: Ohne massive Aufwendungen in den Erhalt unserer Lebensgrundlagen in allen Bereichen wie Bauen, Energie, Verkehr, Umweltschutz aber auch dem Zusammenleben, um nur ein paar Beispiele zu nennen – wird es unseren Kindern und den weiteren Generationen auf dieser Welt, aber auch in Bad Schönborn bei weitem nicht mehr so gut gehen wie uns heute.

Wir sollten dies als Gemeinderat bei unserem zukünftigen Tun und Handeln stets im Hinterkopf behalten, sei es, um Bauplätze und Wohnungen zu schaffen, Kindergärten zu errichten aber auch hinsichtlich aller weiterer Anstrengungen. Wir müssen neu denken, althergebrachtes auf den Prüfstand stellen und unseren Ort für die Zukunft rüsten. Denn wie schon auf dem Neujahrsempfang gesagt wurde: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert.“ (Giuseppe Tomasi di Lampedusa).

Langenbrücken-West ist hier eine Chance einen Ortsteil zu schaffen, der nach den neuesten Erkenntnissen hinsichtlich Wohnens, Energie, Verkehr und Nachhaltigkeit errichtet wird und nicht wie es früher oder bisher geschehen ist – dazu muss man aber offen für Neues sein.

Der Dank der Grünen Liste gilt wie immer zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung von Bad Schönborn, die sich den täglichen Herausforderungen stellen und sich um das Wohl der Gemeinde kümmern. Unser weiterer Dank gilt dem Team von Frau Peno, die diesen Haushalt aufgestellt haben.

Der Haushalt 2023 umfasst mit einem Posten von 110.000 Euro etwas mehr Spielraum für ökologische und nachhaltige Projekte als die Haushalte zuvor. Dies ist zwar besser als gar nichts aber bei weitem zu wenig und bereits jetzt praktisch komplett verplant. Was ist aber mit den Themen, die sich aus der Klimawerkstatt Ende März ergeben oder weiteren wichtigen Themen in Laufe des Jahres? Letztes Jahr konnte eine gemeindeeigene Photovoltaik nicht umgesetzt werden, da kein Geld bereitgestellt war. Damit dies im Jahre 2023 nicht passiert, hatte die Grüne Liste beantragt im Haushalt 250.000 Euro bereitzustellen, denn jeder hier investierte Euro erspart uns viel höhere Investitionen in der Zukunft. Leider lehnten alle Fraktionen außer der SPD dies ab.

Wir haben zusätzlich beantragt eine weitere zu fast 100% geförderte Stabsstelle „Nachhaltigkeitsmanagement, Klimaschutz und Öffentlichkeitsarbeit“ zu schaffen, um die Klimaschutzmaßnahmen und das Einsammeln von Fördergeldern voranzutreiben und um das Team der Verwaltung im Klimaschutz und Umweltschutz zu entlasten. Obwohl uns bestätigt wurde, dass eine Entlastung positiv wäre und auch eine Förderung möglich wäre, lehnten dies wieder alle Fraktionen außer der SPD ab.

Die Gewerbesteuereinnahmen entwickeln sich leider sehr langsam und wir bleiben eine gewerbesteuerschwache Gemeinde. Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass sich das Gewerbegebiet „Im Sand“ sehr träge entwickelt und leider auch größere Zugpferde von außerhalb bei der Vergabe der Grundstücke nicht zum Zuge gekommen sind. Wir haben bereits im letzten Jahr den Antrag gestellt, dass zukünftig bei neuen Gewerbegebieten die Auswahl der Firmen nach erweiterten Kriterien durchgeführt wird, um die Gewerbesteuereinnahmen schneller zu erhöhen.

Erfreulich ist, dass Bad Schönborn im Jahr 2023 keine neuen Schulden machen muss. Der massive Rückgriff auf die Rücklagen und Verpflichtungserklärungen von 6,1 Millionen für die Folgejahre werden aber dazu führen, dass wir in absehbarer Zukunft wieder Schulden machen werden müssen.

Die großen Investitionen der kommenden Jahre sind daher sorgfältig zu planen. Einer der größten Kostenpunkte ist der Neubau des Kindergarten Sankt Maria in Langenbrücken. Dabei ist das Ärgernis beim Neubau der Einsatz der Containerlösung, da diese weder günstig noch nachhaltig ist. Hier gilt es sich vor Augen zu halten, dass die Grüne Liste zusammen mit der SPD auch Lösungen getragen hätte, die uns einen Kindergarten günstiger und ohne Containerlösung gebracht hätten – Stichwort Hafnerstrasse. Die CDU bestand von Anfang an auf den Neubau am alten Standort und die vielen Prüfaufträge der FW und die kategorische Ablehnung des Neubaus an der Hafnerstrasse zusammen mit der CDU und leider auch so manche Verzögerung seitens der Verwaltung führten zu Verzögerungen, so dass im Endeffekt nur die Containerlösung zum September möglich ist. Dieser Lösung stimmen wir heute zum Wohle der Kinder zu, halten es aber nicht für die beste Lösung die möglich gewesen wäre.

Weitere größere Kostenpunkte im Jahr 2023 sind die Kosten für die ersten Abschnitte der Sanierung der Schönbornhalle, die nun doch in mehreren Abschnitten durchgeführt werden kann, die Aufwendungen für den Anbau der Michael-Ende Schule, ein Fahrzeug für die Feuerwehr und verschiedene Maßnahmen für den Hochwasserschutz. Der Neubau der Brücke „Am Mühlgarten“ schlägt mit fast 600.000 Euro zu Buche und die Radbrücke „Alte Bach“ und weitere Radwege sollen ebenfalls neugebaut bzw. saniert werden.

Die zusätzliche Beschaffung weiterer Fahrzeuge und Ladestationen für das geförderte E-Carsharing sehen wir positiv.

Ob uns die Probleme des Thermariums auch im Jahr 2023 einholen werden und in welcher Höhe ist noch unklar, auch wenn das Jahr 2022 positiver als erwartet geendet hat. Im Haushalt ist hierfür eine Unterstützungsposition eingeplant. In welcher Rechtsform das Thermarium weitergeführt wird und wie mit der Weigerung der anderen anteilshabenden Personen sich finanziell einzubringen dauerhaft umgegangen werden sollte, muss zeitnah geklärt werden.

Das wir hier heute noch immer in einem Ratssalprovisorium sitzen, welches technisch schlecht ausgestattet ist und in keiner Weise dem aktuellen Stand entspricht ist für uns unbegreiflich. Die im letzten Jahr von uns und der SPD vorgeschlagene Umgestaltung des ehemaligen Ratssaals zu einem multifunktionalen und der aktuellen Technik entsprechenden Saal für alle Bürgerinnen und Bürger wird nach wie vor von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Hier wird weiterhin in die Vergangenheit geschaut und nicht in die Zukunft – leider!

Wir freuen uns, dass der Klima- und Umweltschutz in diesem Haushalt 2023 wieder einen etwas höheren Stellenwert bekommen hat als im Vorjahr, müssen aber feststellen, dass dies bei weitem nicht ausreicht, um die geplante Klimaneutralität im Jahr 2030 zu erreichen.

Wir müssen unser Bad Schönborn noch nachhaltiger, kühler, weniger hitzeanfällig, regenerativer bei den eingesetzten Energien, noch digitaler und unbürokratischer machen, um nur einiges zu nennen.

Denn eines ist sicher: Nur so bleibt unser Ort langfristig attraktiv, grün und zukunftsfähig – schließlich wollen wir uns alle auch in Zukunft hier wohlfühlen.

Ein afrikanisches Sprichwort besagt: „Wenn an vielen kleinen Orten viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun, wird sich das Angesicht unserer Erde verändern.“ So sollten auch wir öfter denken und bei unseren kommenden Entscheidungen stets an die Zukunft denken und nach vorne schauen statt nach hinten.

Ein Lichtblick sind Projekte wie die schwimmende Photovoltaikanlage. Hier investiert allerdings nicht die Gemeinde, sondern ein privater Investor, wenn die Verwaltung gut verhandelt, sollte auch Bad Schönborn davon profitieren können.

Der Einstieg in eine kommunale Wärmeplanung und ein kommunales Energiemanagement sind Schritte in die richtige Richtung – leider dauert dies aber alles viel zu lange. Auch hier könnten zusätzliche geförderte personelle Kapazitäten helfen.

Wir werden dem Haushalt in diesem Jahr zustimmen. Dem Haushaltsplan der Oberbauer‘schen Waisenstiftung und dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebes Wasserversorgung stimmen wir ebenfalls zu.

Torsten Thal

Vorsitzender Fraktion Grüne Liste Bad Schönborn

(TT)